
From Payer to Partner – ein Kunstversicherer muss mehr können als nur Schäden zahlen
February 26, 2021
Von Dietmar Telschow
Underwriting Manager Art & Specie bei AXA XL
Was sollte man sich mehr von seinem Versicherer wünschen, als im Fall der Fälle schnell entschädigt zu werden?
Gerade, wenn es um Kunstgegenstände und Sammlerobjekte geht, spielen finanzielle Aspekte oft nicht die größte Rolle, auch wenn berechtigte Ansprüche im Schadenfall natürlich schnell und unkompliziert zur Auszahlung kommen sollten.
Da es sich zumeist um sehr limitierte Stückzahlen, z.B. im Falle hochwertiger Uhren, oder gar Einzelstücke handelt, sind Beschädigungen oder Verluste der versicherten Objekte nicht einfach durch eine Finanztransaktion zu kompensieren. Viele Sammler haben eine besondere Beziehung zu ihren „Schätzen“, die in keiner Relation zu Anschaffungs- oder Listenpreisen in Katalogen oder auf Auktionen stehen.
Kunst war zwar schon immer – und in den letzten Jahren immer mehr – auch ein Anlagebereich, doch ohne Emotionen geht es nicht. Hier kommt es auf ein tiefgehendes Verständnis der Bedürfnisse der Sammler an und hier haben Versicherer die Chance, sich als relevanter Partner zu erweisen, der weit mehr zu bieten hat.
Was meinen Sie genau?
Nun, die spezifischen Anliegen von Sammlern, Händlern, Museen und Galerien unterscheiden sich stark voneinander und es geht eben nicht nur um Entschädigungen im Schadenfall. Sie benötigen individuelle Lösungen für ihre jeweiligen Bedürfnisse auch Abseits von der Bereitstellung von Schadendeckungen.
Ein guter Kunstversicherer hat ein Netzwerk von Experten in verschiedenen Bereichen, die bereits im Vorfeld dafür sorgen können, dass es nicht zu Schäden kommt. Beispielsweise entstehen viele Schäden an Kunstobjekten während des Transports zu oder von einer Ausstellung. Mit der richtigen Expertise im Bereich Verpackung und Sicherung der fragilen Fracht können die meisten Schäden vermieden werden.
Aber auch im Falle eines Teilschadens – also wenn das Objekt restauriert werden kann, ist es wichtig, auf hochqualifizierte Experten zurückzugreifen, die auf die jeweilige Kunst- und Materialart spezialisiert sind. So kann der Schaden bestmöglich behoben und ein etwaiger Wertverlust durch die Restaurierung minimiert werden. Ein solches Netzwerk selbst aufzubauen, macht für Sammler kaum Sinn.
Gerade bei unvorhergesehenen Risiken sind gute Kunstversicherer ebenfalls in der Lage, schnell und grenzübergreifend zu beraten und aktiv zu werden.
Spielen Sie auf Corona an? Welchen Einfluss hat die Pandemie auf die Kunstversicherung?
Leider hat COVID-19 auch im Kunstbereich große und vielfältige Auswirkungen. Aufgrund der behördlich angeordneten Lockdowns rund um den Globus wurden nahezu alle großen Kunstmessen und Ausstellungen abgesagt, Museen geschlossen und so weiter. Auf der einen Seite können Kunstwerke, die nicht zu einer Ausstellung oder Messe bewegt werden, zwar keine Transportschäden erleiden, aber unsere Kunden haben es vielfach mit anderen Problemen zu tun und benötigen unsere Hilfe. Zum Beispiel konnten viele verliehene oder für Messen verschickte Exponate aufgrund der Beschränkungen nicht umgehend zurückgeführt werden, was die massenhafte Einlagerung an Orten nötig machte, die dafür nicht ausgelegt waren. Hier können Versicherer mit zusätzlichen Versicherungskapazitäten, eigenen oder externen Risikoingenieuren individuelle Versicherungslösungen aufzeigen.
Neben öffentlichen Veranstaltern haben auch viele Unternehmen mit Firmensammlungen während der Lockdowns z.B. die Betriebstemperaturen ihrer Räumlichkeiten heruntergeregelt, was nicht jedem Objekt gut bekommt. Auch waren gerade zu Beginn der Maßnahmen viele unserer Kunden sicherheitstechnisch nicht darauf ausgerichtet, auch tagsüber – wenn normalerweise der Regelbetrieb dies verhindern würde – Vorkehrungen gegen Einbruch und Diebstahl zu treffen.
Auch hier sind Ideenreichtum und ein gutes Netzwerk an Experten der Schlüssel, um unseren Kunden zur Seite zu stehen.
Lassen Sie uns auf den Mittelstand zu sprechen kommen. Welche Rolle spielt er in der Kunstwelt?
Wie in allen anderen Bereichen unserer Gesellschaft, spielt der Mittelstand auch hier eine äußerst wichtige Rolle, indem sich Kultur und Wirtschaft verbinden.
Firmensammlungen haben eine lange Tradition und große Wichtigkeit für den Kunstmarkt. Die erste bekannte Kunstsammlung eines Unternehmens stammt gar aus dem 15. Jahrhundert. Gerade in den letzten Jahren und Jahrzehnten haben immer mehr Firmen, gerade auch in Deutschland, eigene Sammlungen auf- und ausgebaut. Unter diesen spielt der Mittelstand eine große Rolle.
Kunst sammelnde Unternehmen sind ein wichtiger Akteur im Kunstmarkt. Von ihrem Interesse und nicht zuletzt ihrer Investitionsbereitschaft profitieren Künstler, Kunsthändler, Berater, Gutachter, Restauratoren und viele mehr.
Anders als früher, sind Unternehmen heute viel stärker daran interessiert, die Arbeitsumgebung in ihren Gebäuden mitarbeiterfreundlicher zu gestalten und haben auch die kulturelle Förderung in ihre Unternehmensstrategie aufgenommen. Diese Entwicklung soll übrigens Rockefeller in den 1950er Jahren in Gang gebracht haben.
Hier lassen sich gerade auch mittelständische Unternehmen von Experten beraten, welche Kunstwerke – heute zumeist von noch lebenden Künstlern – angeschafft und wo sie positioniert werden sollen.
Allerdings beginnen viele Firmensammlungen auch mit der Kunstleidenschaft der Eigner, die sich entschließen, einen Teil des Unternehmenskapitals in diesen Bereich zu investieren. Diese entscheiden natürlich überwiegend selbst, welche Kunst sie anschaffen. Sie begeben sich entsprechend selbst bei Ausstellungen, Auktionen und Messen auf die Suche nach interessanten Werken oder vergeben gar Auftragsarbeiten direkt an Künstler.
Diese Entwicklung ist auch in anderen Ländern zu beobachten. Beispielsweise zeigte eine Untersuchung der School for Cultural Analysis der Universität Amsterdam, dass Kunstsammlungen von Unternehmen bis zu 20 Prozent der lokalen Nachfrage nach zeitgenössischer Kunst ausmachen.
Setzen sich Versicherer auch direkt für die Kunstwelt ein?
Dies ist durchaus der Fall. Mit Ihrer Erlaubnis möchte ich hier AXA als ein sehr positives Beispiel nennen. Es gibt auch zahlreiche Projekte anderer Kunstversicherer, doch möchte ich gerne den AXA ART Prize hervorheben, den wir gemeinsam mit der New York Academy of Art ins Leben gerufen haben. Seit 2018 wird dieser Preis jährlich an junge Künstler vergeben, die sich mit Gemälden, Zeichnungen oder Drucken bewerben können. Die diesjährige Bewerbungsphase läuft vom 19. Januar bis 14. März 2021. Die Preisverleihung ist u.a. verbunden mit einer Siegprämie von 10.000 USD.
Darüber hinaus besitzt und erweitert AXA in Deutschland eine umfangreiche Kunstsammlung mit Schwerpunkt auf Gemälden, Grafiken, Skulpturen und Fotografien des 20. und 21. Jahrhunderts. Sie zeichnet sich besonders durch Kunstwerke europäischer und US-amerikanischer Künstler aus. Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf der Förderung junger Kunst deutscher Kunsthochschulen und Akademien.
Indem Versicherer auf diese und ähnliche Weise für die Förderung von Talenten einsetzen, leisten sie neben rein monetären Aspekten auch einen wichtigen Beitrag zur Bekanntheit der Künstler. Diese kann ihnen unter Umständen dabei helfen, die nötige Aufmerksamkeit Kunst sammelnder Unternehmen zu erwecken.
Und so schließt sich der Kreis – From Payer to Partner.
Das Gespräch wurde anlässlich der Baiersbronner Gespräche geführt.
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